
Unternehmensanleihen sind eine der zentralen Anlageklassen im Investitionsuniversum. Als Privatanleger können wir direkt oder indirekt in Unternehmensanleihen investieren. Lohnt es sich auch?
Was sind Unternehmensanleihen?
Große Unternehmen können sich in Form von Anleihen – auch Bonds oder Renten genannt – Geld vom Kapitalmarkt beschaffen. Damit haben sie neben der Kreditaufnahme von Banken auch ein alternatives Finanzierungsinstrument. Prinzipiell ist eine Unternehmensanleihe ein Kredit, der an der Börse gehandelt wird.
Somit können wir als Privatanleger mit einem Wertpapierdepot über die Börse einen Kredit an ein – meist großes – Unternehmen vergeben. Das Unternehmen zahlt ihren Gläubigern in der Regel einen festgelegten, jährlichen Zins, der auch Kupon genannt wird. Am Ende der Laufzeit – also bei Fälligkeit – wird die Schuld mit dem Nennbetrag (Nominale) getilgt.
Aktien oder Anleihen | Was ist riskanter?
Es gibt viele Unternehmen, von denen man über die Börse sowohl Aktien als auch Anleihen erwerben kann. Als Aktieninhaber ist man Miteigentümer des Unternehmens und als Anleihenhalter ist man Kreditgeber des Unternehmens. Was ist grundsätzlich riskanter? Aktien oder Anleihen?
Solange ein Unternehmen Gewinne erzielt, stellt die Bezahlung der Zinsen und die Tilgung einer Anleihe kein Problem dar. Schreibt es aber über einen längeren Zeitraum Verluste, so wird es immer schwieriger, die Kredite und Anleihen zu bedienen. In dieser Phase wird sich der Aktienkurs schon deutlich nach unten korrigiert haben, die Anleihegläubiger erhalten aber noch ihre Zahlungen.
Im schlimmsten Fall, erhält das Unternehmen – wegen der schlechten Aussichten – weder von Banken noch über die Börse frisches Kapital. Es kann die fälligen Anleihen und Kredite nicht mehr bedienen. Das Unternehmen geht in Konkurs und alle Vermögenswerte müssen veräußert werden. Die Erlöse werden auf die Gläubiger (unter anderem auch Anleiheninhaber) aufgeteilt.

Für die Aktionäre hat sich die Lage bis dahin drastisch verschlechtert. Sie haben schon lange keine Dividenden mehr erhalten und der Aktienkurs tümpelt auf tiefsten Niveau herum. Die Aktionäre haben wahrscheinlich ihre gesamte Einlage verloren, wohingegen die Anleihenhalter (Gläubiger) noch aus dem übrigen Vermögen bedient wurden.
Die Antwort ist somit eindeutig. Aktien sind riskanter, weil Anleihen immer vorrangig bedient werden.
Vorteile von Unternehmensanleihen
Wo liegen die Vorteile von Unternehmensanleihen für Privatanleger? Einerseits – wie soeben beschrieben – tragen diese weniger Risiko als Aktien und werden deshalb gerne von Fondsmanagern beigemischt. Unternehmensanleihen haben in der Regel eine definierte Laufzeit und festgelegte Kuponzahlungstermine. Man kann daher die Zinszahlungen und auch die Tilgung planen.
Wenn du zum Beispiel dein Geld für 5 Jahre anlegen möchtest, kannst du eine Anleihe eines großen Unternehmens erwerben, die genau in 5 Jahren fällig wird. Bis dahin erhältst du jährlich Zinszahlungen und in 5 Jahren tilgt das Unternehmen seine Schuld.
Anleihen sind auch streng reguliert. Auch hier wird – wie bei Aktien – der Anlegerschutz groß geschrieben. Unternehmen, die Anleihen begeben haben unglaublich viele Anforderungen zu erfüllen. Das ist kein einfacher Prozess und dauert meist Monate. Ansonsten werden sie für die Erstausgabe – auch Emission genannt – nicht zugelassen.
Die Auswahl an verfügbaren Anleihen ist sehr groß und vielfältig. Es gibt Anleihen von Unternehmen in allen relevanten Ländern, in verschiedenen Währungen, mit verschiedenen Bonitäten und mit verschiedenen Laufzeiten.
Kaum Wertsteigerungspotential bei Unternehmensanleihen
Die Renditechance ist allerdings begrenzt. Wenn es um die Altersvorsorge geht, legt man das Geld meist über einen Zeitraum von deutlich mehr als 10 Jahren an. Hier möchte man in der Regel, dass zumindest die Inflation von durchschnittlich 2% pro Jahr gedeckt wird. Mir ist das allerdings zu wenig.
Ich möchte für meine langfristige Geldanlage eine gute, marktorientierte Verzinsung. Soll man dafür wirklich sicherere Unternehmensanleihen mit festgelegten Konditionen ohne Wertsteigerungspotential erwerben. Insbesondere wenn ich im Gegenzug auch Aktien des gleichen Unternehmens erwerben kann. Das Unternehmen sollte natürlich langfristig ordentliche Gewinn- und Wachstumsaussichten haben. Und möglicherweise liegt die Dividendenrendite sogar über der Anleihenrendite. Dazu kommt, dass das Wertsteigerungspotential ist unbegrenzt.
Wenn ich also die Wahl zwischen Aktien und Anleihen eines guten, aussichtsreichen Unternehmens hätte und das Geld langfristig investieren möchte, dann würde ich auf Grund des Wertsteigerungspotentials immer Aktien wählen. Ob Aktien wirklich ein gutes Investment für Privatanleger sind, erfährst du im verlinkten Blogbeitrag.

Weitere Nachteile von Unternehmensanleihen
Anleihen haben eine Stückelung von mindestens 1.000€ und oft auch 10.000€. Investierbar ist somit nur ein Vielfaches von 1.000€. Das ist für viele eine relativ hohe Einstiegsbarriere.
Um eine Unternehmensanleihe zu erwerben, sollte man sich mit dem jeweiligen Unternehmen auseinandersetzen. Hat es eine gute Bonität, gibt es einen funktionierenden, liquiden Markt für die Anleihe, wie ist die laufende Rendite auf Basis des aktuellen Marktpreises?
Anleihen sind kompliziert zu verstehen. Die Notation von Anleihen ist für einen Laien nicht so einfach zu verstehen, denn eine Anleihe wird in Prozent vom Nennwert gehandelt. Liegt der Marktwert über 100%, so ist die effektive Rendite niedriger als der Nominalzinssatz und umgekehrt höher. Ein Beispiel findest du im Beitrag Sichere Geldanlage | Staatsanleihen oder Online-Sparbuch.
Wegen ihrer fixen Verzinsung reagieren Anleihen unmittelbar auf Veränderungen der Leitzinsen. Werden die Leitzinsen erhöht, dann ist ein risikoloses Investment besser verzinst und folglich werden Bankeinlagen wieder attraktiver. Der Kurs der Anleihe fällt sofort.

Im Zinsvergleich ist ersichtlich, dass die Leitzinsen in der Eurozone bereits bei 0% liegen. Viel tiefer können die Notenbanken nicht mehr gehen. Irgendwann werden die Zinsen wieder steigen. Und sobald sie steigen, fallen die Kurse aller Anleihen.
Diversifikation | Eine Anleihe ist nicht genug
Wie bei Aktien gilt auch für Anleihen, dass es nicht ausreichend ist, seine Ersparnisse in eine Anleihe eines Unternehmens zu investieren. In diesem Fall würde einen die unwahrscheinliche – aber doch mögliche – Insolvenz des Unternehmens hart treffen.
Möchte man eine größere Summe in Anleihen investieren, dann sollte man es aus Risikogesichtspunkten auf 10 oder mehr Unternehmen der Eurozone verteilen. Allerdings taucht hier eine weitere Problematik auf. Man muss wiederum viel Zeit und Mühe für die Unternehmensrecherche einsetzen.
Hinsichtlich Diversifikation (Streuung) kommen weitere Aspekte dazu. Soll das Portfolio Unternehmensanleihen mit unterschiedlichen
- Laufzeiten (1-3 Jahre, 3-5 Jahre, 5-7 Jahre, ….),
- Bonitäten (AA, A, BBB, …) oder vielleicht sogar
- Währungen (EUR, USD, … ) enthalten?
All diese Fragen haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Risiko- und Renditeerwartungen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass du auch in Fonds oder Exchange Traded Funds (ETFs = börsengehandelte Indexfonds) investieren kannst. Damit kannst du in kleineren Tranchen investieren und der Fondsmanager oder der Index übernehmen die Streuung für dich. Hierzu spreche ich im Video Investmentfonds, ETFs und Lebensversicherungen.
Unternehmensanleihen für die mittelfristige Geldanlage
Wie oben ausgeführt, gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, langfristig in Anleihen zu investieren. Wie sieht es mit einem mittelfristigen Anlagehorizont aus. Das möchte ich an einem praktischen Beispiel skizzieren:
Angenommen ich möchte in 5 Jahren eine Immobilie erwerben. Aktien sind hier keine Option, denn genau wenn ich das Geld brauche, könnten die Kurse im Keller sein. Anleihen, die in 5 Jahren fällig sind, könnten aber schon eine Option sein. Dafür erhalte ich möglicherweise eine etwas bessere Verzinsung, als auf dem Online-Sparbuch.
Hier ist zu allererst die Entscheidung zu treffen, von welchen Unternehmen die Anleihen gekauft werden sollen. Das ist schon Mal ein gewisser Aufwand, denn man sollte – wie bei Aktien – für jede Investition eine saubere Unternehmens- und Risikobewertung machen. Das ist ziemlich komplex und zeitintensiv. Nichtsdestotrotz möchte ich dieses hypothetische Spiel weiterführen.
Nehmen wir an, dass deine Traumimmobilie unerwartet schon in drei statt in fünf Jahren auf dem Markt angeboten wird und du zuschlagen musst? In der Zwischenzeit ist der Kurs deiner Anleihen aber stark gefallen, weil die EZB im Vorjahr die Leitzinsen erhöht hat? Realisierst du dann deinen Verlust? Oder kaufst du die Immobilie nicht? Oder nimmst du einfach einen höheren Kredit auf?
Meine Empfehlung ist hier eindeutig: Egal für welchen Zweck du das Geld in den nächsten Jahren benötigst. Spare einfach mittels Sparautomatik auf ein gutes Online-Sparbuch. Damit hast du mehr Zeit für die lustigen Dinge im Leben und dein Geld ist keinen Risiken ausgesetzt.

Renditen von Unternehmensanleihen
Um dir ein Gefühl über die Höhe der Renditen zu geben, habe ich einen Blick auf sogenannte Anleihen-ETFs geworfen. Diese investieren ausschließlich in Anleihen mit vordefinierten Laufzeiten, Währungen und Bonitäten.
Welche Renditen hatten Unternehmensanleihen in Euro mit einer guten Bonität (Investmentgrade) in den letzten 5 Jahren?
Laufzeit 0-3 Jahre: -0,27% p.a. (aktuell 860 Anleihen)
Laufzeit 1-5 Jahre: 0,16% p.a. (aktuell 1.510 Anleihen)
Alle Laufzeiten: 0,57% p.a. (akt. rd. 3.000 Anleihen, durchschn. Restlaufzeit 5,6 Jahre)
Aktuell bietet das beste Online Sparbuch Österreichs für 1-jährige Festgelder inklusive der österreichischen Einlagensicherung 0,6% p.a. an. Aus welchen Grund sollte man also in Anleihen investieren. Viel Aufwand und Risiko für wenig Rendite.
Zusammenfassung
Auch wenn Privatanleger die nötige Zeit, dass Wissen und das Geld hätten, um direkt in Unternehmensanleihen zu investieren, wäre es unvernünftig es zu machen. Die Renditen sind mehr als mager und das Zinsänderungsrisiko ist viel zu hoch.
Für die kurz- und mittelfristige Anlage bis zu einer Laufzeit von 10 Jahren, sollte man das Geld auf ein hervorragendes Online-Sparbuch legen.
Die langfristige, renditeorientierte Anlage sollte auf ein Instrument setzen, in dem ausschließlich Aktien sind. Hier meine ich zum Beispiel breit gestreute Aktien-ETFs – also börsengehandelte Indexfonds. Der Finanzwesir schreibt folgendes über Anleihen:
Anleihen sind im Vergleich zu Aktien ein ziemlich bösartiges Zeug und nicht so einfach zu verstehen, wie man immer glaubt.
Der Finanzwesir, Albert Warnecke
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