
In diesem Blogartikel analysiere ich die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge eines Klienten. Dabei erfährst du die Kritikpunkte am Produkt „Prämienpension“ und auch, ob die Kündigung dieser „Zukunftsvorsorge“ sinnvoll ist. Zudem zeige ich dir, wie ich das Geld anlegen würde.
Eckdaten der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge bzw. Prämienpension
Diese geförderte „Prämienpension“ wurde mit 01.12.2005 abgeschlossen und soll bis 01.12.2055 – also insgesamt 50 Jahre – laufen. Der Vertrag wurde für den Sohn des Klienten (damaliges Alter 15 Jahre) abgeschlossen und sollte bis zum angenommenen Pensionsantritt mit 65 Jahren laufen. Die Prämien beliefen sich zu Beginn auf 20€ pro Monat und später ab Mitte des Jahres 2009 auf 40€ pro Monat.
Der Klient wollte die Polizze dieses Jahr an den Sohn übergeben bzw. übertragen und war sich nicht sicher, ob es aus Sicht des Übernehmers besser wäre, den Vertrag weiterlaufen zu lassen, prämienfrei zu stellen oder zu kündigen. Er konnte schwer abschätzen, wie gut dieses Versicherungsprodukt tatsächlich ist und bat mich um Unterstützung.
Analyse der Zukunftsvorsorge | Ausgangspunkt jährliches Informationsblatt
Ein guter Ausgangspunkt für die Analyse ist immer das jährliche Informationsblatt der Versicherung zu einem Bewertungsstichtag. In diesem Fall sah dies per 16.05.2018 wie folgt aus:

Anhand dieses Auszugs kann man schon relativ gut beurteilen, wie gut sich die Polizze in den 12,5 Jahren seit Abschluss bis 16.05.2018 entwickelt hat. Eingezahlt wurden Prämien in Höhe von 5.116 € und dafür gab es staatliche Förderungen von 304 € (im Schnitt ca. 5,9%).
Bisherige Verzinsung der Zukunftsvorsorge
Die Kapitalgarantie bei Verrentung ab Pensionsantritt würde bei Einstellung der Prämien 5.420 € betragen. (Summe Prämien und staatliche Förderungen)
Der Wert der Polizze beträgt zum Stichtag 5.429 €, wobei das Geld zu 42,7% in einem Aktienfonds ( ISIN: AT0000659644; Daten auf Fondsweb) und zu 57,3% im Deckungsstock der Versicherung veranlagt ist. Der Wert der Veranlagung liegt somit nur um 9 € über dem garantierten Betrag (Einzahlungen + staatliche Prämie = 5.420 €) . Obwohl die Prämien seit rund 12,5 Jahren veranlagt wurden, konnten mit der Veranlagung effektiv nicht mehr als 9 € Zinsen verdient werden. Das entspricht in etwa 0,72€ an Zinsen pro Jahr – also rund 0,03% Wertsteigerung pro Jahr. Ohne die staatliche Prämie wäre somit jedes Online-Sparbuch besser.
1. Kritikpunkt: Effektiv ist der Zinsertrag auf das eingezahlte Kapital viel zu niedrig (0,03%).
Wie sieht es inklusive der staatlichen Prämie aus? Hier haben wir einen Zugewinn von 313 € in 12,5 Jahren. Dies entspricht einer Wertsteigerung von 25 € – also rund 0,9% – pro Jahr. Das ist jetzt natürlich schon deutlich mehr als die 0,03% ohne die Unterstützung des Staates; sehr rosig ist es allerdings nicht. Warum? Weil damit nicht einmal die Inflation abgedeckt ist. Somit können wir uns bei einer Inflation von 2% um die 40 € im Monat, die wir jetzt an Prämie bezahlen, im Jahr 2055 (Laufzeitende) nur mehr Dienstleistungen und Produkte im Wert von 33€ kaufen. Es entsteht jedes Jahr ein realer Wertverlust von ca. 1,1%.
2. Kritikpunkt: Trotz der hohen staatlichen Prämie (~ 5,9%) wurde die Inflation nicht abgedeckt.
Analyse der Zukunftsvorsorge-Veranlagung
Jener Teil der Prämien, der nicht von Steuern, Gebühren, Provisionen oder Prämien für eine Ablebenskomponente verbraucht wird, geht in die Veranlagung. Das ist sozusagen der zinstragende Teil. Dieser soll langfristig für die Erträge sorgen und deshalb werfe ich auch einen Blick auf die Veranlagung der Zukunftsvorsorge.
Rund 43% sind in dem „Zukunftsvorsorge Aktienfonds“ (ISIN: AT0000659644; Daten auf Fondsweb) investiert und dieser hat in der Vergangenheit keine sonderlich guten Ergebnisse erwirtschaftet. Der unten stehende Kursverlauf zeigt, wie es um die Rendite steht. Der Fonds konnte vermutlich wegen der hohen Kosten von 2,09% pro Jahr in den letzen 15 Jahren nur eine annualisierte – also jährliche – Rendite von 1,73% p.a. erwirtschaften, obwohl der ganze Sektor eine Rendite von 8,64% pro Jahr erreichte.
Als Privatanleger sollte man sich folgende Frage stellen: Würde ich mein Geld auch direkt in diesen Fonds investieren? Ich würde das keinesfalls empfehlen.
3. Kritikpunkt: Der Aktienfonds hat zu hohe Kosten und eine zu niedrige Rendite.



Die restlichen 57% werden im Deckungsstock der Versicherung veranlagt. Hier kann man leider kaum auf historische Zahlen zugreifen. Laut Geschäftsbericht des Versicherungsunternehmens erwirtschaftete die Versicherung 2018 für den Deckungsstock unter „Berücksichtigung der Garantiekosten“ eine Verzinsung von 2,25%. Dieser Wert liegt zumindest über der Inflation. Man weiß allerdings nicht, in welche Wertpapiere hier das Geld der Versicherungsnehmer investiert ist.
4. Kritikpunkt: Es fehlt die Transparenz bei der Veranlagung im Deckungsstock.
Ist die Kündigung der Zukunftsvorsorge sinnvoll?
Ab einer gewissen Laufzeit ist auch die Kündigung der Prämienpension / Zukunftsvorsorge möglich. Im Fachjargon spricht man von einem Rückkauf. Der Kunde erhält hier den Rückkaufswert zum Kündigungsstichtag. Im oberen Auszug ist ersichtlich, dass der Rückkaufswert per 30.04.2018 5.287 € beträgt. Das sind um 171 € mehr als die eingezahlten Prämien und um 142 € weniger, als die Polizze wert ist. Wie genau dieser Wert berechnet wurde, ist nicht ganz schlüssig. Jedenfalls wurde mit dem * im Informationsblatt angedeutet, dass nicht alles berücksichtigt ist.
Der Versicherer erklärt auf Seite 2 der Polizzeninformation, warum diese bei Rückkauf weniger wert ist:

Bei Kündigung der Zukunftsvorsorge müssen wir einen Rückkaufsabschlag von 1% bezahlen, die Hälfte der staatlichen Förderungen zurückzahlen und 27,5% Kapitalertragsteuer (KESt) auf die erzielten Kapitalerträge nachzahlen. Der letzte Punkt mit KESt-Nachversteuerung tut scheinbar nicht weh, da es die Versicherung offensichtlich in 12,5 Jahren nicht geschafft hat, überhaupt Zinserträge für den Versicherungsnehmer zu erzielen. Allerdings trügt der Schein mit hoher Wahrscheinlichkeit. Wie oben ersichtlich wurden im Fonds und Deckungsstock gewiss Kapitalerträge (rd. 2% p.a.) erwirtschaftet, allerdings dürften die Kosten der Versicherung (Abschlussprovisionen, Bestandsprovision, Versicherungskosten, usw.) diese zu einem großen Teil wieder aufgefressen haben.
Nachdem in der Info beim Rückkaufswert geschrieben steht: „ohne Berücksichtigung der gesetzlichen Rechtsfolgen“, gehe ich davon aus, dass vom Rückkaufswert noch die KESt und die halbe staatliche Förderung abzuziehen sind. Ich rechnete damit, dass man bei Kündigung halbwegs eben aussteigt.
5. Kritikpunkt: Keine Transparenz bei Provisionen, laufenden Gebühren und Kosten des Vertrags.
Warum die Kündigung der Zukunftsvorsorge die einzig sinnvolle Option ist!
- Der Vertrag soll noch bis 2055 – also rund 36 Jahre lang – laufen.
- Die bisherige Rendite der Versicherung ist miserabel (~0,9% p.a.).
- Die Inflation wurde bisher nicht annähernd abgedeckt.
- Keine Transparenz bei Kosten, Provisionen und Gebühren.
- Es gibt viel bessere, einfachere und transparentere Wege für die langfristige Geldanlage.
Nach dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“ habe ich dem Klienten empfohlen, die Zukunftsvorsorge so schnell wie möglich zu beenden.
Kündigung des Zukunftsvorsorge | Der Finanzvertrieb lässt dich alleine.
Im Auftrag meines Klienten informierte ich den Finanzvermittler (eines großen namhaften Finanzvertriebs), dass mein Klient den Vertrag zurückkaufen möchte. Dieser hatte allerdings – trotz der vermeintlich hohen Provisionen für den Vertragsabschluss – kein Interesse daran, die notwendigen Dokumente für seinen Kunden vorzubereiten und an das Versicherungsunternehmen weiterzuleiten. Alleine diese Tatsache regt schon zum Nachdenken an.
6. Kritikpunkt: Der Finanzvertrieb „unterstützt“ gerne beim Abschluss und lässt den Kunden bei Unzufriedenheit alleine.
Also übernahm ich die Angelegenheit und übermittelte die unterfertigten Rückkauf-Formulare direkt an das Versicherungsunternehmen. Die Kündigung ist grundsätzlich sehr einfach, da man nur die Polizzennummer und die Kontodaten für die Auszahlung des Vertrags einfüllen muss. Das unterfertigte Formular muss dann samt Originalpolizze an das Versicherungsunternehmen gesendet werden.
Auszahlung | Eine herbe Enttäuschung!
Ca. 2-3 Wochen nach der Übermittlung der Unterlagen – per 9.5.2019 – erhielt mein Klient folgende Bestätigung:

Was fällt hier sofort auf? Man hat absolut keine Ahnung, wie hoch die tatsächliche Prämienleistung des Klienten war. Da könnte man beinahe unterstellen, dass die Versicherung nicht mit dem Finger darauf zeigen möchte, wie wenig hier tatsächlich heraus kommt. Außerdem erfährt man nicht, wie sich der Kurs der Veranlagung entwickelt hat und wie die Rendite im Deckungsstock im letzten Jahr war.
7. Kritikpunkt: Man erfährt nicht, in wie hoch die Prämienzahlungen waren und wie sich der Rückkaufswert zusammensetzt.
Wir können das dank der letzten Polizzeninformation allerdings grob hochrechnen. Per 16.05.2018 waren 5.116 € an Prämien bezahlt, dann wurden noch 12 Monate lang jeweils 40 € also 480 € bis inkl. April 2019 bezahlt. In Summe also 5.596 €.
Jetzt wird es spannend!
Zieht man vom „Nettoerlös“ = 5.568 € die eingezahlten 5.596 € ab, dann bleibt leider ein Verlust von 28 € übrig. Es wäre sinnlos, hier noch die effektive jährliche Verzinsung zu berechnen. Klartext: Der Sohn des Kunden erhält nicht einmal seine bezahlten Prämien zurück.
Finanzvertrieb und Versicherung gewinnen => Der Kunde verliert!
Trotz einer Veranlagungsdauer von 14 Jahren (ab 2005) hat die Versicherung bzw. der Vermittler…
- die Hälfte der staatlichen Förderung (162 €) kassiert -> sollte eigentlich der Versicherungsnehmer erhalten
- sämtliche Zinserträge aus der Veranlagung (Fonds & Deckungsstock) einbehalten – laut Analyse rund 2% pro Jahr -> grobe Schätzung: über 800 € in 14 Jahren
- sogar 28 € der vom Klienten bezahlten Prämie einbehalten
Ich gestehe dem Versicherer bzw. Vermittler natürlich auch einen fairen Anteil für die Kosten des Vertriebs und des Betriebs zu. Am Ende sollte aber – auch bei vorzeitiger Kündigung – beim Kunden schon deutlich mehr übrig bleiben. Es ist sehr bedauerlich, dass man nach 14 Jahren nicht einmal die eingezahlten Prämien (unverzinst) retour erhält. Das hat dann selbst mich überrascht.
Was mich am meisten irritiert: Man hat ja gar keine Ahnung, welche Partei (Vermittler, Versicherer) wie viel von den knapp 1.000 € (162 € + ~ 800 € + 28 €) – die dem Klienten zustehen – für welche Leistung einbehalten hat. Es herrscht eine Null-Transparenz-Politik!
8. Kritikpunkt: Finanzvertrieb und Versicherung haben sich über die gesamte Laufzeit an den Prämien bzw. Erträgen des Kunden bedient und der Kunde bekommt davon nichts mit.
Übrigens: Der Ertrag bei einem Sparbuch mit mehrjähriger Bindung wäre wesentlich höher gewesen.
20€ Zusatzgebühr wenn man seine Einzahlungen erfahren möchte!
Weil es meinem Klienten eigenartig vorkam, dass die eingezahlten Prämien lt. Polizzeninformation per 16.05.2018 (genau 5.116,40 €) nicht durch die monatlichen Raten (20 € bzw. 40 €) teilbar sind und um es auch schwarz auf weiß zu haben, stellten wir noch eine Anfrage an die Versicherung zur Offenlegung der eingezahlten Prämien seit Beginn des Vertrags.
Hier erlebten wir leider einen weiteren Rückschlag, denn die Versicherung antwortete wie folgt:

Das hätte das Fass beinahe zum Überlaufen gebracht, aber mein Klient war natürlich nicht bereit, dass er neben der Tatsache, dass die Versicherung und der Vermittler eh schon gut auf seine Kosten gelebt haben, nochmals 20 € für eine aus unserer Sicht selbstverständliche Leistung bezahlt. Kundenorientierung sieht anders aus!
9. Kritikpunkt: Die Versicherung verrechnet eine Gebühr für die Information über die eingezahlten Prämien.
Eines steht für meinen Kunden fest, mit diesem Finanzvertrieb und mit dieser Versicherung wird er keinen Geschäftsabschluss mehr machen.
Was lernen wir daraus? Man sollte die eingezahlten Prämien abfragen, bevor man sich für die Kündigung der Zukunftsvorsorge entschieden hat.
Soll man den Verlust bei einer Kündigung der Zukunftsvorsorge realisieren?
Definitiv. Wenn ich einen sehr nachteiligen Vertrag abgeschlossen habe und diesen mit heutigem Wissen nicht mehr abschließen würde, dann beende ich ihn lieber mit einem blauen Auge und mache nicht nochmal den selben Fehler. Das der Vertrag nicht das hält, was versprochen wurde (damals 9% staatliche Förderung bzw. 2009 4,25%) konntest du in der Analyse sehen.
Viele meiner Kunden stellen gerne folgende Frage: Soll ich den Vertrag nicht einfach laufen lassen? Durch die Kündigung der Zukunftsvorsorge zahle ich doch weitere Gebühren? Meine Antwort ist immer so oder so ähnlich:
Wenn du möchtest, dass die Versicherung und der Vermittler jeden Monat einen saftigen Teil deiner Prämien erhält und du weiterhin in einen Fonds & Deckungsstock investieren möchtest, der dir – auf das was übrig bleibt – effektiv eine um 2% – 5% niedrigere Verzinsung bringt, dann kann man das machen. Ich persönlich nehme jedoch lieber einen Verlust von ein paar 100€ in Kauf um langfristig ein paar 1.000 € zu gewinnen.
Johann Kofler-Mair
Nachfolgend werden wir schauen, was herausgekommen wäre, wenn man den einfachsten und besten Weg zur Geldanlage umgesetzt hätte. Es ist nie zu spät zum Umstieg. Wichtig ist, dass das Geld in deinem Interesse gut angelegt ist und nicht in Form von Provisionen, Gebühren und Kosten an andere abfließt.
Zukunftsvorsorge mit einem ETF | Die klügere Alternative!
Ich verzichte lieber auf Produkte, bei denen eher Finanzvermittlung/Versicherung staatlich gefördert werden und lege einen ganz einfachen ETF-Sparplan auf den MSCI World in meinem Online-Depot an. Hier kann ich bereits ab 50 € pro Monat indirekt in über 1.600 der besten Unternehmen weltweit investieren.
Das schöne daran, niemand verdient mit und mein Geld wird mit den niedrigst möglichen Gebühren (< 0,3%) veranlagt. Ich kann den Sparplan selbst ganz flexibel und einfach erhöhen (oder zur Not auch aussetzen). Zudem schützt mich die Logik des Index. Schlechte Unternehmen werden von Aufsteigern verdrängt.
Wie funktioniert das? Hier die einfache Anleitung zur Geldanlage.
Staatlich geförderte Zukunftsvorsorge vs. ETF Sparplan auf MSCI World
Grundsätzlich sind „Was-wäre-wenn-Analysen“ ziemlich sinnlos. Da es uns aber sehr schwer fällt, in Renditen und Effektivzinsen zu denken, habe ich eine weitere Analyse gemacht. Bei dieser vergleiche ich – auf Basis der tatsächlichen monatlichen Prämienzahlungen – die Performance der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge mit Kapitalgarantie mit der eines einfachen ETF-Sparplans auf den MSCI World-Index mit Dividenden-Reinvestition.

Beschreibung des Diagramms
- Blaue Linie: Der Anleger investiert Monat für Monat Prämien. Zu Beginn 20 € pro Monat und ab Mitte 2009 40 € pro Monat. Hier wird die Summe der bezahlten Prämien dargestellt. (20 € nach dem 1. Monat, 40 € nach 2 Monaten, 60 € nach 3 Monaten, … , 5.596 € per 30.04.2019)
- Oranges Dreieck: Wert der Zukunftsvorsorge laut der letzten verfügbaren Polizzeninformation per 16.05.2018 (5.429 €). Auf dieser Basis wurde die effektive Rendite von 0,9 % errechnet und diese wiederum war ausschlaggebend für die Kündigung der Zukunftsvorsorge.
- Rotes (liegendes) Kreuz: Tatsächlicher Nettoerlös (5.568 €) bei Kündigung der Zukunftsvorsorge. Dies ist jener Betrag, den mein Klient auf sein Konto überwiesen bekam. Liegt relativ genau auf der blauen Linie.
- Grüne Linie: Wertverlauf bei Investition in einen MSCI World-ETF. Es wird angenommen, dass die Prämien zum jeweiligen Zeitpunkt in den ETF statt in die Zukunftsvorsorge investiert wurde. Die laufenden Gebühren wurden mit 0,3% eher hoch angesetzt. Per Ende April wären die Anteile an dem ETF 10.658 € wert gewesen.
Interpretation Zukunftsvorsorge vs. ETF-Sparplan
Das Diagramm verdeutlicht sehr anschaulich, wie weit die Entwicklung des staatlich geförderten Produkts und des ETF auseinander klaffen.
In den letzten 14 Jahren gab es beim ETF-Investment zwei Zeiträume, bei denen der Wert der Anlage die eingezahlten Prämien unterschritten hatte (2008 – 2010; 2011) -> die grüne Linie lag unter der blauen Linie. Die besten Unternehmen der Welt (sind alle im MSCI World ETF) haben sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt und gute Gewinne erzielt. Als ETF-Investor konnte man hier gut mitverdienen. Es werden bestimmt wieder Wirtschafts- und Börsenkrisen mit bis zu 50% Wertverlust kommen. Als ETF-Investor mit einem Anlagehorizont von mehr als 10 Jahren sind die Krisen eine Chance und sorgen dafür, dass weitere Anteile günstig gekauft werden können.
Als Versicherungsnehmer des Produktes „staatlich geförderte Zukunftsvorsorge mit Kapitalgarantie“ braucht man nicht die Zeiträume zählen, bei denen die eingezahlten Prämien unterschritten wurden. Hier ist es sinnvoller, den Zeitraum zu betrachten, in welchem die Prämien überschritten wurden. Mangels Transparenz ist hier eine Schätzung nötig und ich denke, der positive Zeitraum beträgt maximal 2-3 Jahre. Übrigens: 40% des Kapitals der Zukunftsvorsorge – dass nicht in Form von Provisionen und Gebühren aufgegangen ist – ist auch in einem Aktienfonds – mit unterdurchschnittlicher Rendite – investiert. In einer Wirtschaftskrise fällt auch dieser.
Zwei interessante Zahlen, obwohl aus meiner Sicht das Diagramm schon mehr als genug sagt:
- Mai 2018: Die ETF-Anteile wären um rund 63% mehr wert als die Zukunftsvorsorge
- April 2019: Die ETF-Anteile wären um rund 91% mehr wert als die Zukunftsvorsorge
Zusammenfassung | Analyse und Kündigung der Zukunftsvorsorge
Mit dieser Analyse siehst du, wo die Probleme des Produkts „Staatlich geförderte Zukunftsvorsorge mit Kapitalgarantie“ liegen. Aus meiner Sicht wurde dieses Produkt falsch konstruiert, da eine Kapitalgarantie über einen langen Anlagehorizont immer nachteilig ist. Zudem ist es sehr schade, dass die Versicherungen keine Transparenz an den Tag legen. Der Preis eines Produkts sollte vor Abschluss jedem klar sein.
Finanziell betrachtet hätte der Kunde ohne Kündigung mit der Zukunftsvorsorge effektiv fast keine Verzinsung (~0,9%) gehabt. Bei der Kündigung hat er etwas weniger herausbekommen als eingezahlt wurde. Es ist bitter, aber diesen Scherz nehme ich in Kauf, damit ich in 10, 15 oder 20 Jahren eine Freue mit meinen ETF-Anteilen habe.
Ganz generell möchte ich festhalten, dass Mischprodukte immer teurer sind, da die Produktanbieter damit Gebühren rechtfertigen wollen bzw. auch gut „verstecken“ können. In diesem Fall haben wir einen Mix aus Anlage- und Garantieprodukt. Und Garantien haben leider ihren Preis. Es ist auch ein weit verbreiteter Irrglaube, dass steuerliche Vorteile langfristig bessere Erträge bringen. Lieber 27,5% Kapitalertragssteuer auf 1.000 € Gewinn als keine Steuer auf 100 € Gewinn. Dieses Verkaufsargument sollte man einfach ignorieren.
Aus meiner Sicht ist es in der Regel besser, das Produkt zurückzukaufen und einen ETF-Sparplan anzulegen. Ich würde das nur dann bleiben lassen, wenn die Restlaufzeit nicht länger als ein Jahr beträgt. Ein ETF-Sparplan ist dann sinnvoll, wenn man den letzten eingezahlten Euro mehr als 10 Jahre „arbeiten“ lassen kann. Hier findest du eine Anleitung.
Die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge hat meines Erachtens weder den Namen noch die staatliche Förderung verdient.
Johann Kofler-Mair
Rückfragen oder Anmerkungen
Falls du selbst über eine Kündigung deiner Zukunftsvorsorge nachdenkst, kannst du mich gerne für Rückfragen kontaktieren. Wenn du möchtest, übernehme ich die Analyse für dich. In seltenen Fällen hab ich auch Verträge gesehen, die ich nicht kündigen würde, weil sie zumindest die Inflation abdecken. Das sind meist ältere Verträge.
Mehr Infos zu meiner Dienstleistung findest du unter Produktanalyse. Hinterlasse gerne Kommentare zu eigenen Erfahrungen oder mit Fragen.

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Zusatzinfo: Besonderheiten der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge
Obwohl aus meiner Sicht nur die historische Entwicklung und Struktur von Produkten relevant ist, stelle ich hier noch ein paar relevante Eckdaten zur Verfügung.
- Es gibt eine staatliche Zusatzprämie auf die eigene Prämienleistung (2019: 4,25%, bei Vertragsabschluss 2005: 9%!) ACHTUNG: hier gilt wie beim Bausparer, dass es nur einen staatlichen Zuschuss auf die in einem Jahr eingezahlte Prämiensumme gibt. Nicht auf das angesparte Kapital.
- Veranlagung in Aktien und Deckungsstock: In Abhängigkeit des Vertrags und des Alters der Versicherungsnehmerin wird ein gewisser Teil der angesparten Summe – zum Beispiel 40% – in (meist österreichische) Aktien investiert. Der Rest geht in mit weniger Risiko behaftete Anleihen oder in den Deckungsstock der Versicherung.
- Kapitalgarantie: Bei Einhaltung der Mindestprämiendauer (10 Jahre) erhält man ab Pensionsantritt garantiert alle eingezahlten Prämien und die staatlichen Förderungen in Form einer monatlichen Rente zurück. Somit trägt man kein Verlustrisiko, solange man den Vertrag auch bis zum Ende erfüllt. Bei vorzeitiger Kündigung gilt dies natürlich nicht.
- Steuern: Man bezahlt keine Versicherungssteuer, keine Kapitalertragsteuer und auch keine Einkommenssteuer bei der Rentenauszahlung. Anmerkung: Ich zahle lieber 27,5% Kapitalertragsteuer auf einen Gewinn von 1.000€ also keine Steuer auf einen Gewinn von 100€.
Zusätzliche Links und Informationen

Geldmarie.at: Umfassende Zusammenstellung. Allerdings bin ich anderer Meinung bei der Beurteilung. Die Zukunftsvorsorge ist aus meiner Sicht keine gute Alternative für eine weitere Zusatzpension.
DiePresse.com: Artikel „Vorsorgefonds: Zahlen fürs Nichtstun“. Die „fatalen Konstruktionsfehler“ werden aufgezeigt.
Gewinn.com: Artikel „Zukunftsvorsorge im Dornröschenschlaf„
Rückkauf-Fomulare Wiener Städtische: https://www.s-versicherung.at/de/vorteile-und-service/formulare
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12 Gedanken zu “Kündigung der Zukunftsvorsorge”
Sehr interessanter Artikel, ich habe auch das Produkt des roten Versicherungsunternehmens und werde es Rückkaufen.
Ist es eigentlich auch möglich diese Prämienpension auf dem Zweitmarkt zu verkaufen?
Vielen Dank! Das ist eine sehr gute Frage. Ich selbst habe keine Erfahrung mit dem Zweitmarkt und kann mir kaum vorstellen, dass jemand diese Art von Zukunftsvorsorge (extrem niedriger Garantiezins und Veranlagung in schlechten Fonds) erwerben möchte. Aber vielleicht (hoffentlich) täusche ich mich. Scheinbar gibt es auch in Österreich einen kleinen Zweitmarkt. Bei Geldmarie findest du Tipps und Links dazu. Falls du hier etwas konkretes in Erfahrung bringst, wäre es super, wenn du diese mit uns teilen könntest.
Hallo Johann,
auch ich überlege mir seit längerem meine Lebensversicherung Rückzukaufen und du hast mich darin nun bestärkt.
Es gibt da ja ein OGH Urteil über den Spätrücktritt von Lebensversicherungsverträgen wegen mangelhafter Belehrung.
Hast du dazu Erfahrungen bzw. gibt es da ja auch Firmen die die Rückabwicklung und Klage für einen übernehmen für einen Anteil von glaub 25% des gewinnes….
LG Sebastian
Lieber Sebastian,
freut mich, dass ich dich bei deiner Entscheidung bestärken konnte.
Ja, mit dem Thema Spätrücktritt hab ich mich auch schon ein paar Mal intensiver beschäftigt.
Meines Wissens hat sich die Rechtslage ab 2019 verändert und der Spätrücktritt wurde zum Nachteil der Konsumenten massiv eingeschränkt. Hier kannst du nachlesen.
Ich habe auch beim VKI angerufen und wurde informiert, dass mangels Rechtsgrundlage aktuell keine Sammelklagen gemacht werden. Auch habe ich zum Beispiel bei der Plattform „die Rückabwickler“ angerufen und ich wurde informiert, dass man hier (obwohl auf der Homepage nichts davon steht) vorab eine Bearbeitungspauschale von 250€ verlangt wird. Diese wird im Erfolgsfall zurückerstattet. Die Verfahren dauern scheinbar bis zu 3 Jahre.
Der Herr vom VKI hat mich auch darauf hingewiesen, dass man generell bei Rückabwicklern vorsichtig sein sollte. Ihm wurden schon viele schlechten Erfahrungen berichtet.
Kurz gesagt, ich denke nicht, dass man sich hier viel Hoffnung zu machen braucht. Aber wenn es um viel geht und man viel Zeit, Energie und etwas Geld hineinstecken möchte, dann kann man einen Versuch wagen.
Ist dies Info für dich hilfreich?
LG,
Johann
Ich teile grundsätzlich die Ausführungen in diesem Super Beitrag. Habe in der aktuellen Ausgabe des Trend zu einer Frage (35 Jahre, Start Prämienpension Wiener Städtische Anfang 2018, Laufzeit 35 Jahre, monatlicher Betrag EUR 50) Folgendes als Antwort erhalten:
Nach dem Motto, nicht alle Eier in einen Korb zu legen, sollte man Kapital für die Pensionsvorsorge über mehrere unterschiedldiche Finanzinstrumente aufbauen. Eines davon kann durchaus eine Rentenversicherung sein. Denn nur eine Versicherung kann eine lebenslange Pensionsleistung garantieren, auch wenn das angesparte Kapital längst aufgebraucht ist. Das gilt auch für die Sonderform der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge. Wenn Sie bei Ihrer Prämienpension bis zum Laufzeitende ansparen, haben Sie die Chance auf eine zeitlebens steuerfreie Zusatzpension. Wenn Sie Ihren Vertrag beitragsfrei stellen, wird sich Ihre Zusatzpension auf Basis Ihrer bislang angesparten Summe von rund 8.000 Euro in einer mikroskopischen Größenordnung bewegen. Wenn Sie Ihren Vertrag kündigen, also rückkaufen, und somit das angesparte Kapital nicht widmungsgemäß verwenden, dann verlieren Sie die Hälfte der erhaltenen staatlichen Prämien und ein allfälliger Kapitalertrag aus der Polizze wird mit 27,5 Prozent belastet. Außerdem: Die Kapitalgarantie auf die einbezahlten und die staatlichen Prämien gilt nur bei Vertragstreue, also am Ende Ihres Ansparprozesses.
Unsere Meinung: Das Modell der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge der Wiener Städtischen Versicherung unterscheidet sich maßgeblich von den meisten Mitbewerbern: Für den Anleiheanteil wird im Deckungsstock angespart, für den Aktienanteil im RT Zukunftsvorsoge Aktienfonds (AT0000659644). Der große Vorteil dieser Kombination: Man wird auch bei Marktverwerfungen nicht von der Aktienveranlagung ausgestoppt. Wie hoch der Ertrag Ihrer Polizze konkret ist und welche Strategie Sie künftig verfolgen, klären Sie am besten mit Ihrem Kundenbetreuer ab.
Lieber Gerhard,
vielen Dank für deinen Kommentar und das Teilen der Empfehlung. Ich kann der Argumentation zwar gut folgen, teile die Meinung allerdings nicht.
Ein großes Problem dieser Produkte ist die Garantie. Die kostet leider viel Ertrag und zwingt die Banken/Versicherungen zu einer konservativen Anlagestrategie. Und damit lassen sich halt nicht die Erträge erwirtschaften, die man hätte, wenn man langfristig rein in einen Aktien-ETF investiert. Zudem muss natürlich die Versicherung auch was verdienen, was auch an der Rendite knabbert. Und zu guter Letzt ist diese lebenslange Pension (steuerfrei) auch nicht so toll, wie es sich anhört. Denn die hinterlegen einfach einen Entnahmesatz, der der individuellen Lebenserwartung entspricht. Kosten sind natürlich berücksichtigt. Es ist also eine reine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Und wie wahrscheinlich ist es, dass die Versicherung mehr zahlen wird, als das, was der Kapitalwert ist.
Ich denke nicht, dass es hier wirklich maßgebliche Unterschiede zu den Mitbewerbern gibt.
Hoffentlich konnte ich hiermit auch noch ein bisschen weiterhelfen :).
LG,
Johann
Hallo Kapitalmeister,
sehr guter Aritkel. Ich hoffe er wird von möglichst vielen Personen gelesen und macht auf die Missstände dieses Produkts aufmerksam. Es ist eine Frechheit, dass soetwas überhaupt angeboten wird!
Lieber Franz,
herzlichen Dank für dein Feedback. Ich sehe das genauso. Ein bisschen hab ich das Gefühl, dass die Versicherungslobby in Österreich unglaublich stark ist.
LG,
Johann
Danke für einen wirklich exzellenten und perfekt recherchierten Artikel! Ich habe leider auch das gleiche Produkt von der Wr. Städtischen und überlege einen Rückkauf um das Geld lieber in Immobilien oder ETF zu investieren.
Vielen Dank liebe Andrea. Tut mir leid, dass es dich auch getroffen hat.
LG,
Johann
Servus Johann!
Erst jetzt zufällig darauf gestoßen, möchte ich mich herzlich für die Mühe und Arbeit bedanken, das dermaßen detailliert auszuführen und darzustellen.
In meinem Fall ist es so, dass ich über €75/mtl. als „Rate“ habe. Seit 10/22 im Ruhestand bin (habe meine 45 Beitragsjahre und dank Kurz, keine Hacklerregelung (kostet mir rund 360€ Netto/Monat)) und jetzt natürlich bis zum Regelpensionsalter weiter einzahlen sollte. Oder die Beiträge eben bis zum Auszahlungszeitpunkt Ruhend stellen.
Das wären jetzt noch knapp 2 Jahre, dank deiner umfassenden Aufklärung werde ich das auf dem schnellsten Weg auflösen und den Betrag auf ein Wertpapier dazu legen.
Obwohl die ja derzeit auch eine Performance hinlegen wo einem schlecht wird. Bei der EZB, da muss man vermutlich gegen‘s Sesselbein treten damit sich dort jemand das Zinsgeschehen der FED ansieht, unfassbar deren Reaktionszeit. Und ja nie einen Schritt nach vorne wagen, der Wert des Euro und die Kaufkraft könnten steigen, das bringt ja die Wirtschaft um. Oder so …
Liebe Grüße und beste Wünsche für die Zukunft
Harald
Lieber Harald,
vielen Dank für deinen Kommentar und es freut mich, dass mein Beitrag bei dir zur Entscheidungsfindung beigetragen hat. Bei der EZB (aber auch bei div. anderen politischen Institutionen) stimme ich dir absolut zu. Ich habe das Gefühl, dass Entscheidungen vor allem aus Angst (nicht) getroffen werden. Aber über die Politik lamentieren bringt ohnehin nichts. Wir können das sowieso nicht beeinflussen.
Wünsche dir auch alles Gute in deinem (Un-)Ruhestand 🙂
LG,
Johann